Statement: Was ich der Welt zum Thema „kollaborative Mobilität“ mitteilen will.
Das Thema „kollaborative Mobilität“ beschäftigt mich seit ca. 6 Jahren, ohne dass ich den Begriff damals bereits gekannt habe. Für mich ist "kollaborative Mobilität" der Inbegriff einer nachhaltigen Entwicklung, denn Dinge zu teilen statt zu besitzen fördert das soziale Miteinander der Gesellschaft, spart Kosten für den Einzelnen und verbraucht weniger Ressourcen während der Produktion aber auch während des Nutzungszyklus. Ich bin fasziniert davon und auch sehr glücklich darüber Teil eines globalen Megatrends zu sein, und dass es mir möglich ist, diese positive Entwicklung in einem bescheidenen Umfang mitgestalten zu können.
Traummobilitätsszenario in 50 Jahren: Wie wünsche ich mir die Verkehrswelt im Jahr 2060.
Im Jahr 2060 und hoffentlich schon sehr viel früher sind die Innenstädte frei von privaten PKW. Die Fahrradwege sind breit wie Straßen und werden von Müttern und Vätern frequentiert, die in elektrischen Lastenrädern ihre Kinder in die Kitas fahren. Auf der Fahrradüberholspur fahren die Menschen, die es etwas eiliger zur Arbeit haben, auf der grünen Fahrradwelle. Der Autoverkehr besteht aus Free Floating und Stationärem Car Sharing, sowie natürlich auch aus genügend Taxen.
Es wird ca. ein Auto für je 30 - 50 Personen geben, doch rund um die Uhr und überall verfügbar. Der motorisierte Verkehr ist komplett elektrisch und wird hauptsächlich durch Einbahnstraßen geleitet, damit genügend Platz für die Massen an Fahrradfahrern bleibt. Der ÖPNV bietet eine enge Taktung und ein optimal abgestimmtes Liniennetz an sowie einen durchgehenden Betrieb, der aus der massiven Reduzierung von Straßeninstandhaltungskosten gegenfinanziert wird.
An den großen Ausfallstraßen gibt es am Randbereich des Free Float Car Sharing Betriebsbereiches große Park+Ride Parkplätze, mit einer großen Fahrradverleihstation inkl. elektrischer Lastenräder, einer großen Station des stationären Car Sharings sowie einer optimalen ÖV-Anbindung. Wer unbedingt einen privaten PKW besitzen möchte, muss diesen auf den P+R Parkplätzen abstellen, wenn er in die Innenstadt möchte und anschließend ein anderes Fahrzeug wählen.
Auf dem Land gibt es an jeder Bushaltestelle eine E-Bike Verleihstation sowie ausreichend sichere Abstell- und Lademöglichkeiten für private E-Bikes. Jedes Dorf hat Car Sharing Stationen, Mitfahrgelegenheiten sind für jedermann alltäglich denn die Fahrer erhalten Boni für jeden Mitfahrer im Rahmen ihrer monatlichen Mobilitätsabrechnungen.
Es gibt ein hervorragend ausgebautes europaweites und zumindest für Eurasien und Afrika auch transkontinentales Hochgeschwindigkeitseisenbahnnetz, was zumindest innereuropäische Flüge obsolet macht. Reisezeiten von max. 3-4 Stunden zwischen den europäischen Hauptstädten und eine 30 minütige Taktung sowie großen Kapazitäten sorgen für eine reibungslose Reise mit höchstem Komfort.
Für die Buchung steht eine App zur Verfügung, die mir Alternativen für meine Reise vorschlägt (unter Berücksichtigung aller verfügbaren Verkehrsmittel und meinen persönlichen Einstellungen und Filtern). Die Abrechnung sämtlicher europaweiter Mobilitätsdienstleistungen erhalte ich von der europäischen Mobilitätsagentur, über die für meine gesamte Verkehrsleistung monatlich exakt die besten Tarife bei den einzelnen Anbietern ermittelt und abgerechnet werden. Die Aufteilung auf die einzelnen Betreiber von Verkehrsleistungen erfolgt nach einem bestimmten Schlüssel automatisch je nach Abhängigkeit der Nutzung.
Die Transportlogistik bedient sich Verteilungszentren am Stadtrand, die die Güter von Zügen und im geringeren Anteil LKWs annehmen und auf kleinere elektrisch betriebene Lastenfahrzeuge und –Räder verteilen und zum innerstädtischen Bestimmungsort bringen.
Mein TOP-Moment: Der meines Erachtens bisher grösste Erfolg in der kollaborativen Mobilitätsgeschichte.
Mein persönliches Mobilitätsverhalten: Wie bewege ich mich privat.
Da ich beruflich mehrmals im Monat quer durch Deutschland unterwegs bin, bekomme ich über meinen Arbeitgeber die BahnCard 100. Damit kann ich deutschlandweit alle Züge und in fast jeder Stadt kostenlos den Nahverkehr nutzen.
In meiner Heimatstadt Leipzig bin ich vor allem mit dem Fahrrad unterwegs, eigentlich gerne mit meinem privaten, derzeit aber vor allem mit nextbikes, da meins gestohlen wurde. Ca. 2-3 Mal pro Monat, insbesondere wenn ich am Wochenende zum Kitesurfen an den See fahre, leihe ich mir für ein paar Stunden bei Teilauto einen PKW und habe dort die freie Wahl zwischen einem coolen Cabrio, einem praktischen Kombi oder einem sparsamen und super günstigen Smart.
Für größere Einkäufe oder kleinere logistische Herausforderungen leihe ich mir im Kiez auch schon mal ein Lastenrad aus.
Mein eigenes Auto, das ich im Alter von 18 bis 20 besaß, habe ich in meinem 1. Semester aus Kostengründen und, weil ich es nicht mehr brauchte, verkauft. Seit 10 Jahren besitze ich weder ein eigenes Auto, noch habe ich einen Dienstwagen zur Verfügung und vermisse gar nichts.
Eigene Erfahrungen mit kollaborativen Mobilitätsformen: Ein Erlebnis, das mir geblieben ist.
Ich habe während meines Studiums als Fundraiser / Promoter für verschiedene Umweltschutzverbände gearbeitet. 2009 waren wir im Rahmen einer BUND Kampagne für eine Alternative zum Stuttgart 21 Projekt in der Schwabenmetropole unterwegs. Normalerweise hat ein Promotion-Team über die Agentur immer ein Mietwagen von Sixt zur Verfügung gestellt bekommen. Da wir aber direkt vor unserer Haustür in Canstatt eine Call a Bike Fahrradverleihstation hatten, sind wir jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit gefahren. Die Idee kam bei allen Beteiligten so gut an, dass selbst heute noch, vier Jahre später, die Teamfotos mit den Leihrädern sämtliche Broschüren und die Webseite der Agentur schmücken.
Der Auslöser, der mein Engagement für geteilte Mobilitätslösungen in Gang setzte.
Das war definitiv mein Studien- und Jobaufenthalt in Delhi, Indien 2007 und 2010. Dort werden jedes Jahr ca. 0,5 Mio. neue Kraftfahrzeuge zugelassen. Es gab 2010 mehr zugelassene PKW in Delhi als in den 3 anderen Riesenmegastädten Indiens (Mumbai, Kolkatta, Chennai) zusammen und die Belastungsgrenze der Verkehrsinfrastruktur ist bereits bei weitem erreicht.
Als Münsteraner Student und Fahrrad Geek ging es mir damals aber noch viel mehr um das Fahrrad als Fortbewegungsmittel anstatt dem Sharing Konzept. Die thematische Ausweitung war dann letztendlich eine logische Konsequenz aus der Schnittmenge zwischen Verbesserung der Gesamtmobilität, der Steigerung des Images von Fahrrädern bei jungen, urbanen und technikinteressierten Zielgruppen und der Schaffung von Geschäftsmodellen für private Anbieter von innovativen Mobilitätsdienstleistungen.
Tatendrang im Bereich der kollaborativen Mobilität: Wenn ich könnte, würde ich als nächstes…
…die Weltherrschaft erobern. Aber natürlich auf angenehme Art und Weise, denn meine Vision ist es, dass jede größere Stadt in nicht allzu langer Zeit ein dichtes Netz an Leihrädern hat.
DATENBOX:
Name: Schlebusch
Vorname: Sebastian
Funktion: Head of International Business Development
Firma: nextbike GmbH
Firmensitz in: Leipzig
Gegründet im Jahr: 2004
Anzahl Mitarbeiter: 40-50
Die Geschäftsidee kurz zusammengefasst:
Nextbike ist Betreiber von öffentlichen Fahrradverleihsystemen in mehr als 30 Städten in Deutschland und vergibt Lizenzen zum Betrieb an internationale Partner. Mit mehr als 15.000 Rädern in derzeit 13 Ländern sind wir der am schnellsten wachsende Anbieter von kollaborativen Mobilitätslösungen im Zweiradbereich. Neben den Verleiheinnahmen finanziert sich der laufende Betrieb vor allem über die Vermarktung der Werbeflächen auf den Rädern.
Webseite:
www.nextbike.de
www.unternehmen.nextbike.de